Es gibt viele Angaben zum digitalen Energieverbrauch und dem CO₂-Ausstoß. Die Werte in der Presse und wissenschaftlichen Veröffentlichungen liegen oft weit auseinander. Woran liegt das? Hier findest du alle wichtigen Informationen. Wir erklären auch den Faktor mit dem Think Digital Green arbeitet.
„Könnt ihr mir sagen, wieviel CO₂ entsteht, wenn ich ein Gigabyte Daten im Netz bewege?“
Diese Frage bekamen wir in einer Session gestellt. Für eine treffende Antwort werteten Julian und Gianluca nochmals internationale Studien aus. Das haben sie gefunden:
- Der regionale Strommix ist entscheidend fürs CO₂.
Die Umrechnung des Energieverbrauchs in CO₂-Emissionen hängt von dem jeweiligen Strommix ab. Diese kann daher regional sehr unterschiedlich ausfallen. Wo wirkt sich das aus? Unsere digitalen Endgeräte wie z. B. dein Smartphone und die regionale Dateninfrastruktur verbrauchen Energie. Doch wo die jeweiligen Server und Datencenter für die Kommunikation stehen und mit welchem Strommix diese betrieben werden, lässt sich nur bedingt feststellen. Deshalb besteht hier schon mal eine Unschärfe. Doch wir kommen trotzdem zu einem soliden Faktor.
- Wovon hängt der Energieverbrauch im digitalen Alltag noch ab?
Die Ermittlung des zugrunde liegenden Energieverbrauchs ist tatsächlich noch komplexer. Warum? Alter und Größe der genutzten Endgeräte spielen eine Rolle. Auch zählen die Kommunikationstechnologie und das Energie- und Lastmanagement der Datencenter mit. Die gute Nachricht: Die Effizienz beim Stromverbrauch steigt deutlich in den letzten Jahren. Je neuer das Endgerät und je moderner die Übertragungstechnologie sind, desto energiesparsamer findet die Übertragung von Daten statt. Der neue Mobilfunkstandard 5G benötigt pro Dateneinheit nur noch ein Bruchteil des Stromverbrauchs älterer Standards wie UMTS (Mobilfunk). Allerdings wissen wir auch, dass die damit verbundenen Dienste und Applikationen wesentlich datenintensiver werden. Also lohnt es sich weiterhin, auf den Datenkonsum zu achten.
- Welcher Fußabdruck haben Daten denn nun? Nicht so schnell. Schauen wir uns kurz an, was eigentlich dazu gehört.
Die meisten Studien zur Energieintensität liegen mit ihren Angaben zwischen 0,1 kWh / Gigabyte und 10 kWh / pro Gigabyte Datenverkehr. Wie kann das sein?
Erst einmal fällt auf, dass neuere Studien eher zu niedrigeren Werten gelangen. Das unterstreicht die gerade erwähnte Effizienzsteigerung. Es gibt jedoch noch einen wesentlich entscheidenderen Grund für die große Abweichung: Das sind die Systemgrenzen der Analyse.
Dahinter verbirgt sich die Frage, was alles dazu gezählt wird: Die Bandbreite reicht von einzelnen Elementen bis zum ganzen Lebenszyklus der Daten. Während also einige Studien nur die reine Internet-Kommunikation ohne Endgeräte und Datencenter betrachten, berücksichtigen andere alle Teilelemente des digitalen Systems. Einige arbeiten nur mit der wirklichen Nutzung digitaler Dienste. Andere zeigen eine ganzheitliche Lebenszyklus-Analyse auf. Im zweiten Fall werden beispielsweise auch Energieverbräuche berücksichtigt und in der Nutzung einkalkuliert, die für die Herstellung der Hardware-Komponenten benötigt wurden. Solche Lebenszyklus-Analysen kommen folglich zu einem wesentlich höheren digitalen Energieverbrauch.
- Du hast es vielleicht geahnt: Bei der Festlegung der Systemgrenzen und Bilanzierungen gibt es prinzipiell kein richtig oder falsch. Was will ich mit einer Analyse denn erreichen?
Die Frage ist, was die Intention und der Zweck der jeweiligen Analyse ist. Möchte man das Energie- und Lastmanagement von Teilsystemen optimieren, kann es sehr sinnvoll sein, ausschließlich die Nutzungsphase gewisser Komponenten zu bewerten. Geht es um Ressourcen- und Klimaschutz ist hingegen ein ganzheitlicher Ansatz besser geeignet. Fest steht, dass die Angaben, die in der Öffentlichkeit kursieren, nur bedingt vergleichbar sind. Für eine fundierte und aussagekräftige Bewertung wird stets der Kontext des Studiendesigns benötigt.
- Unsere Entscheidung ist: Der ganzheitliche Ansatz des Datenverkehrs zählt.
Wir wollen mit Think Digital Green mehr Bewusstsein für digitale Nachhaltigkeit schaffen und klimafreundliche Lösungen im digitalen Raum entwickeln. Uns geht es in erster Linie darum, durch den Energieverbrauch und die CO₂-Emissionen anschauliche Größenordnungen anzubieten. So lassen sich die Relevanz des Themas und klimafreundliche Alternativen darstellen. Wir beziehen uns daher auf den Faktor von 1,8 kWh pro Gigabyte des Website Carbon Calculators von Wholegrain Digital, allerdings angepasst an das Jahr 2020: mit einer angenommenen Energieeffizienzsteierung von 10% jährlich liegt dieser Faktor bei 1,31 kWh pro Gigabyte. Das Tool und die Menschen dahinter verfolgen einen ähnlichen Ansatz wie wir und legen Wert auf eine ganzheitliche Betrachtungsweise. Uns ist bewusst, dass der Faktor stark vereinfacht ist und auch seine Schwächen besitzt. Jedoch bietet er uns eine gangbare Möglichkeit, die Relevanz der digitalen Nachhaltigkeit in Einklang mit für uns wichtigen Gesichtspunkten zu berechnen.
Weiterführende Informationen für Dich:
∷ 1 Andrae, Anders & Edler, Tomas. (2015). On Global Electricity Usage of Communication Technology: Trends to 2030. Challenges. 6. 117-157. 10.3390/challe6010117
∷ 2 Aslan et al. (2017): Electricity Intensity of Internet Data Transmission. In: Journal of Ecology. Industrial 22/4. DOI: 10.1111/jiec.12630
∷ 3 Greenwood, T. (2020): Why do estimates for internet energy consumption vary so drastically? In: Wholegrain Digital Blog 22.08.2020
∷ 4 Welz, T. & Stürmer, M. (2020): Faktenblatt Nachhaltigkeit und Digitalisierung – im Kontext des Klimastreiks (Fridays for Future). Universität Bern. Forschungsstelle Digitale Nachhaltigkeit